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Die Kyfer von Tiefenbach
 

 

 

Rekonstruktion des Wappen der Kyfer von Tiefenbach

 

Unser Mittelalter

 

Es war im August 2003, meine heutige Frau war gerade aus dem Saarland zu mir ins Schwabenländle gezogen, als meine Liebste in der Nürtinger Zeitung auf die Vorankündigung eines Mittelaltermarktes auf dem Hohenneuffen stieß. Für meine Frau, die schon im Saarland in der Mittelalterszene  unterwegs war, war natürlich gleich klar, dass sie dort hin muss, zumal wir ja auch direkt unter der Burg wohnen. Ich dagegen war zum einen erstaunt, dass es so etwas scheinbar schon seit Jahren auf dem Neuffen gab. Nun ja, wie es halt so ist wenn man frisch verliebt ist, machte ich mich mit meiner liebsten des Sonntags auf den Weg auf den Hohenneuffen. Sie natürlich im Mittelalterkleid, ich in der schnöden Lederhose mit Holzfäller-Hemd.

Nun, was soll ich sagen. was uns da auf dem Neuffen dargeboten wurde, all die Ritter, Gaukler, Händler und ihre Lager faszinierten mich so sehr, dass ich  sofort mit dem Mittelalter-Virus infiziert war.  Von diesem Zeitpunkt an zogen wir dann also von Mittelaltermarkt zu Mittelaltermarkt, ich kaufte mir recht rasch ein Ritteroutfit zusammen, nach dem Motto: Was gefällt und was man so in den Filmen sieht wird schon irgendwie passen.

Relativ schnell merkten wir auch, dass die Leute in der Szene recht unkompliziert sind und fanden schon bald Anschluss.

So zogen nun erst mal die Jahre ins Land,  2005 Heirateten wir und bekamen unser erstes Kind Anna Maria, zogen also nun zu dritt über die Märkte.

2005 war es dann auch, als wir der Einladung eines damals recht guten Freundes folgten, doch das Wochenende zusammen mit ihm und seiner Freundin auf dem Mittelaltermarkt auf dem Neuffen zu lagern und die Nächte bei  Ihnen im Zelt zu verbringen. Ein Mittelalterlager mal aus der Sicht der Akteure zu erleben, selber zu kochen, kein fließend Wasser, keinen Strom zu haben war dann nochmal ein ganz neues faszinierendes Erlebnis. Vor allem die Kulisse der Burg bei Nacht, die Ruhe am Lagerfeuer haben ihre Spuren hinterlassen und irgendwie war von da an auch klar, dass wir früher oder später auch unser eigenes Zelt haben werden.

Aber es vergingen dann doch noch zwei Jahre, bis es dazu kam. 2007 kam dann unser Sohn Christian auf die Welt.

 

2007 lud dann auch der vorher genannten Freund und sein inzwischen gegründeter Schottenclan zum 1. Pfingstlager auf den Hohenneuffen. Nun, wir hatten aber noch immer kein eigenes Zelt und eigentlich auch nicht wirklich das Geld dafür.

Doch das Schicksal wollte es wohl so, dass ich mehr oder weniger aus Versehen ein 4x4m Mittelalterzelt  äußerst  günstig ersteigerte. Was soll ich sagen, natürlich waren wir dann somit auf dem besagten Pfingstlager dabei (wohlgemerkt mit einem 2 Monate altem Säugling). Auf diesem ersten Lager mit eigenem Zelt lernten wir dann wiederum einige neue Leute kennen, die eine ähnliche Geschichte wie wir hatten und mit denen wir uns auch außerordentlich gut verstanden.

Wie sich dann später zeigte, war dieses Lager auf dem Neuffen auch die Geburtsstunde der Schwabenritter.

Warum die „Kyfer“ von Tiefenbach ?

Nun, da wir also mit unserem Zelt von Mittelaltermarkt  zu Mittelaltermarkt wanderten, ergaben sich natürlich ganz andere Möglichkeiten. Zum einen konnte Mann sich jetzt eine Rüstung und Waffen etc. zulegen und zum anderen brauchte man auch noch mindestens eine Ersatzgewandung. Die Zeit war also gekommen, sich auf eine Epoche/Darstellung festzulegen. Also begann ich mich zunächst mit der Geschichte des Neuffen und danach mit der Geschichte der Teck und anderer Burgen zu befassen. Schnell war dann klar, es soll die Stauferzeit sein, haben doch die meisten Burgen der Schwäbischen Alb in dieser Zeit ihren Ursprung oder ihre Hochzeiten. Nun wäre es fast logisch gewesen, sich nach einem der Neuffener Herren zu benennen, wäre da nicht ein gewisser Berthold von Neuffen gewesen, der damals auf den Mittelaltermärkten mit seinem Gefolge unterwegs war. Nun, dieser Berthold hatte zum einen offensichtlich keine Ahnung von seinem Ritter, den er darstellte und zum anderen benahm er sich abends, wenn das Publikum die  Märkte verlassen hatte, nicht gerade ritterlich (Gettoblaster mit Heavymusik ist nicht unsere Vorstellung vom Mittelalter). Also war für uns klar, wir wollen eine Darstellung, von der das Volk vielleicht nicht so viel weiß aber die dennoch existiert hat und die wir wieder in Erinnerung bringen können. Also ging die Suche los, zunächst fanden wir im Internet eine Burg Hirschbühl mit dem zugehörigen Geschlecht der Edelfreien von Hirschbühl, laut Aussage der Website befand sich diese Burg einst in unserem Heimatort 72660 Beuren. Nach wochenlanger Befragung alter Beurener und Recherchen im Net und in der Stadtbücherei von Nürtingen war dann klar, dass diese Burg nicht in unserem Beuren stand, sondern in Beuren bei Singen. Bei den Recherchen in der Stadtbücherei stieß ich aber auf die Burgstellen Tiefenbach, Mansberg und Bohl, diese befinden sich zwar heute alle auf der Gemarkung von Dettingen/Teck, aber bei Tiefenbach sind es nur wenige hundert Meter zu Beurener Gemarkung. Ich fing also an mich mehr mit dem Geschlecht der Tiefenbacher zu befassen und war bald begeistert über gewisse Parallelen zu mir. Zum einen waren meine Großeltern Jahrzehnte lang in Dettingen/Teck wohnhaft und ich selber lebte zumindest meine ersten 2-3 Jahre in Dettingen, zum anderen hatte der vermutliche erste Tiefenbacher Heinrich den netten Beinamen der „Kyfer“ ,was so viel bedeutet wie der Zankhafte, eine Eigenschaft, die mir auch nachgesagt wird.

Somit war klar, dass wir von diesem Zeitpunkt zusammen mit den Schwabenrittern als die „Kyfer von Tiefenbach durch die Lande ziehen.

 

   

 

 

 Andreas "kyfer" von Tiefenbach

 

 

 

 

 

 

  Susanne von Naudersberg

 

 

 

 

 

 

 

 

 

     Anna von Tiefenbach                         

 

 

 

 

 

 

 

 

 Christian "kyfer" von Tiefenbach

 

 

  

 

 

Die Geschichte der Kyfer von Tiefenbach

 

Den eigentümlichen Spitznamen hatte Mitte des 13. Jahrhunderts der Ritter Heinrich (gest. vor 1269), der Erbauer der Burg Tiefenbach, von seinen Zeitgenossen erhalten. Man nannte ihn den Kiver, ein Name, der nicht, wie früher angenommen wurde, auf den Beruf des Küfers  und damit auf eine bürgerliche Herkunft weist, sondern von dem Verb keifen (mittelhochdeutsch kiven) abzuleiten ist und somit „zanken“ bedeutet.  Seinen Beinamen wird Heinrich Kiver nicht ohne Grund bekommen haben. Vor 1269 hatte er unrechtmäßig dem Frauenkloster Pfullingen Güter im Tiefenbach, die zum Nürtinger Hof des Klosters gehörten, weggenommen.  Nach seinem Tod verzichteten 1269 seine Witwe Elisabeth, ihr Sohn Heinrich congomine kiver („mit Beinamen Kiver“) und ihre weitere Söhne auf diese Güter.

1274, 1277 und 1287 verkauften die Witwe und ihre Söhne Wernher der Kleriker, Heinrich, Konrad und Ludwig sowie die Tochter Agnes Höfe in  Zazenhausen und Zuffenhausen an das Esslinger Spital sowie einen Hof in Steinbach und an das Kloster Kirchheim. Für diese Verkäufe der Kiver, die ausdrücklich als ihre Ministerialen bezeichnet werden, gaben die Teckherzöge ihre Zustimmung.

Das Wappen der Kiver, der geschachtete Schild, lässt vermuten, dass Heinrich Kiver der Familie der Herren vom Schlossberg entstammt. Vielleicht handelt es sich um einen Sohn des 1240 genannten Eberhard von Schlossberg.

Weiter sind nachgewiesen:

Die Brüder Johann (1318/58) und Ulrich Kiver (1340/92) sowie ihr vor 1340 verstorbener Vetter Rudolf (1318), die alle die Ritterwürde erlangt haben.

Zwei Töchter des Ritter Rudolf namens Elisabeth (1340/60) und Katharine (1340/66) waren im Kloster Kirchheim versorgt worden; eine weitere Tochter namens Anne (1340/71) die 1340 noch zu Hause lebte , heiratete einen Albrecht von Zell (der Celler); der Sohn, der Edelknecht Rudolf der Kiver (1341/52), hatte die Burg Tiefenbach geerbt, die Mitte des 14.Jahrhunderts ein Württembergisches Lehen war. Nach seinem Tod hinterließ er offenbar keinen männlichen Erben, daher verlieh am 24.Juni 1377 Graf Eberhard von Württemberg Tiefenbach die Burg, lüt und guot, aecker und wissen, holtz und velde, besuohtz und unbesuhtz, genant oder ungenant, was über al zuo der vorgenanten bürg oder daran gehöret, als daz Ruodolff der Kyfer bizher von uns ze lehen gehebt hat, an seinen lieben diener Johann von Hochdorf.

In der Gefallenenliste der Schlacht bei Reutlingen (1376) tauchen auf der Seite der Adligen aus der Kirchheimer Gegend unter anderem auch zwei Kiver von Dettingen, die beide Conrad hießen, auf beide werden vor 1377 in den Urkunden nicht genannt. Es ist anzunehmen, dass sie in jungen Jahren gefallen sind und dass sich damit das Ende der Familie abzeichnete.

Mitte des 14. Jahrhunderts zogen viele Adlige, Ritter und Edelknechte nach Italien, um sich in den Dienst des Papstes oder der italienischen Städte zu stellen. In der Soldliste der Stadt Pisa aus dem Jahre 1369 werden im Banner des Friedrich von Randeck 80 Reiter genannt, darunter Konrad von Lichteneck und der Ritter Heinrich Kiver(Chiuer). Dieser Heinrich Kiver wird nur hier ein einziges Mal genannt, wahrscheinlich ist er aus Italien nicht mehr in seine Heimat zurückgekehrt.

Der Ritter Ulrich Kiver ist zwischen 1392 und 1406 offenbar als Letzter seiner Familie gestorben. Es muss seine Wappengrabplatte gewesen sein, die sich bis 1945 an der Dettinger Kirche erhalten hatte. Als der Geislinger Diakon Klemm 1880 über die Grabplatte schrieb, beschrieb er den Schild als gestürzt und verwies darauf, dass es üblich war, auf dem Gedenkstein des Letzten eines Geschlechts das Wappen gestürzt darzustellen. Auf dem Stein las er folgende Minuskelinschrift: Anno d(omi)ni mcccc LII obyt u(o)lric(us) Kyfer miles (? Annunciatione b(eatae) m(ariae) v(irginis) ?)  („Im Jahre des Herrn 1452 starb Ulrich Kiver, Ritter, am Tag der Verkündigung Mariä“.) Demnach wäre der letzte Kiver am 25.März 1452 gestorben, über ein halbes Jahrhundert nach der letzten urkundlichen Erwähnung eines Ritters Ulrich Kiver. Es muss ein Lesefehler vorliegen, der Todestag muss zwischen dem 2.Dezember 1392, der letzten urkundlichen Erwähnung und dem 18.Mai 1406 liegen, dem Tag, an dem er in einer Urkunde als verstorben bezeichnet wurde.

Über die Burg Tiefenbach gibt es nach der Verleihung 1377 keine Nachrichten mehr. Sie wird bald darauf in Abgang geraten sein.

(Quelle Buch: Dettingen unter Teck 1251-2001, Beiträge zur Ortsgeschichte)